Neues BGH-Urteil zur langfristigen Flächensicherung für erneuerbare Energien
- hahn426
- 7. Mai
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. Mai
Die langfristige Flächensicherung ist entscheidend für den Erfolg von Wind- und Solarparks. Besonders wichtig ist, dass die ordentliche Kündigung durch Grundstückseigentümer für Zeiträume von 20 bis 25 Jahren ausgeschlossen wird. Dafür ist erforderlich, dass die Vereinbarung über die Vertragslaufzeit eine wirksame Befristung für diesen Zeitraum enthält. Denn Mietverträge ohne eine solche wirksame Befristung sind jederzeit ordentlich kündbar (§ 542 BGB). Eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 12.03.2025 bringt Klarheit in diese Thematik.
Unklare Regelungen können zur Kündbarkeit führen
Wir zeigen auf, welche Voraussetzungen die Rechtsprechung für eine wirksame Befristung Vertragslaufzeit in Grundstücksnutzungsverträgen über EE-Anlagen vorsieht.
Klare Regelung zur Vertragslaufzeit
Hierbei hat sich als unproblematische und klare Regelung erwiesen, wenn der Beginn und das Ende der Vertragslaufzeit klar definiert sind.
„Der Vertrag beginnt mit Unterzeichnung durch beide Parteien zu laufen und endet 30 Jahre nach Vertragsbeginn.“
Der Vertragsbeginn ist dabei genau bestimmbar durch den Tag der letzten Unterschrift, und das Ende ist eindeutig berechenbar – 30 Jahre nach diesem Zeitpunkt.
Problematische Regelung zur Vertragslaufzeit
Unklarer und damit auch schwerer zu bestimmen werden Beginn und Ende der Vertragslaufzeit in Fällen, die an ein zukünftiges Ereignis knüpfen, obwohl bei Unterschrift noch nicht feststeht, ob und wann dieses Ereignis eintritt.
„Der Vertrag beginnt mit Unterzeichnung durch beide Parteien zu laufen und endet 25 Jahre nach Inbetriebnahme der Anlage auf dem Grundstück.“
Diese Regelung kommt oft bei Wind- und Solarprojekten zum Einsatz, wenn der Zeitpunkt der Inbetriebnahme ungewiss ist. Das Problem besteht darin, dass bei Vertragsabschluss nicht klar ist, wann oder ob die Anlage überhaupt errichtet wird.
Die Rechtslage ist: Knüpft die Vertragslaufzeit an ein ungewisses Ereignis an, gilt die Vertragslaufzeit als unbestimmt und der Vertrag ist jederzeit kündbar. Der Eintritt des (ungewissen) Ereignisses wirkt dann wie eine auflösende Bedingung für die unbestimmte Vertragslaufzeit, und erst ab diesem Moment, also mit Eintritt des Ereignisses, gilt der Vertrag als befristet.
Konkret heißt dies für die Klausel: Bis zur Inbetriebnahme ist der Vertrag jederzeit ordentlich kündbar. Gleichzeitig möchte der Projektentwickler natürlich verhindern, dass der Eigentümer dieses Kündigungsrecht ausübt.
BGH-Entscheidung und ihre Auswirkungen
In einer wegweisenden Entscheidung hat sich der BGH mit der Frage beschäftigt, ob und unter welchen Bedingungen die ordentliche Kündigung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ausgeschlossen werden kann und ob sich ein konkludenter Ausschluss aus individuellen Vertragsvereinbarungen ergeben kann. Zuvor hatten verschiedene Oberlandesgerichte unterschiedliche Urteile zu dieser Frage gefällt.
Ausdrücklicher Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts zulässig
Der BGH kommt zu dem Schluss, dass der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts grundsätzlich zulässig ist. Hierfür macht das Gericht jedoch Vorgaben, die wir weiter unten ausgeführt haben.
Keine Umdeutung des Rücktrittsrechts zum Kündigungsrecht
Hier widerspricht der BGH dem Urteil des OLG Brandenburg (Urteil vom 30.03.2011 – 3 U 113/10), das einen vertraglichen Kündigungsausschluss angenommen hatte, obwohl der Vertrag nur ein Rücktrittsrecht enthielt. Gemäß dem BGH stellen „Rücktritt“ und „Kündigung“ eigenständige, rechtlich klar umrissene Institute dar, die nicht ohne Weiteres miteinander gleichgesetzt werden dürfen. Ein vereinbartes Rücktrittsrecht führt daher nicht automatisch zum Ausschluss der ordentlichen Kündigung, da dies dem eindeutigen Wortlaut widerspricht. So hatte auch bisher das OLG Hamm (Urteil vom 26.11.2020 – 5 U 112/19) entschieden.
Konkludenter Kündigungsausschluss
Der BGH erkennt jedoch die Möglichkeit eines konkludenten Ausschlusses des Kündigungsrechts, besonders wenn die Kündigungsrechte im Vertrag abschließend geregelt sind. Darüber hinaus würden die Rücktrittsrechte im Vertrag entwertet, wenn eine ordentliche Kündigung im gleichen Zeitraum möglich wäre.
Darüber hinaus stützt der BGH seine Entscheidung auch auf die Interessenlage des Anlagenbetreibers. Die Errichtung und der Betrieb einer Anlage – etwa im Bereich erneuerbarer Energien – sind mit erheblichem Planungsaufwand und langfristiger Investition verbunden. Ein jederzeit ausübbares ordentliches Kündigungsrecht würde diese Planungssicherheit erheblich beeinträchtigen und könnte die Wirtschaftlichkeit des gesamten Projekts gefährden.
Zulässigkeit des Kündigungsausschlusses
Der BGH nimmt das Argument des OLG Hamm (Urteil vom 26.11.2020 – 5 U 112/19) auf, wonach ein Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts den Grundstückseigentümer unangemessen benachteiligen könnte – etwa, weil er die Fläche bis zum Baubeginn bzw. zur Inbetriebnahme entgeltfrei zur Verfügung stellt.
Diese Meinung teilt er jedoch nicht. Vielmehr stellt der BGH klar, dass dem Grundstückseigentümer weiterhin Nutzungsmöglichkeiten offenstehen: sei es durch tatsächliche Nutzung oder durch einen Verkauf des Grundstücks. Eine unangemessen Benachteiligung des Eigentümers liegt insbesondere dann nicht vor, wenn die entgeltfreie Zeit auf fünf Jahre begrenzt ist. Er bestätigte damit auch insoweit das Urteil des OLG Karlsruhe (Urteil vom 25. April 2018 - 14 U 217/17).
Fazit und Empfehlungen für die Vertragsgestaltung
Für Projektentwickler im Bereich erneuerbarer Energien ist es entscheidend, die langfristige Flächensicherung rechtssicher und projektfreundlich zu gestalten. Berücksichtigen Sie daher folgende Empfehlungen:
Klare und belastbare Vertragslaufzeit
Definieren Sie die Vertragslaufzeit genau, mit eindeutigen Regelungen zum Beginn und Ende. Eine solche Klausel bietet Ihnen Planungssicherheit und minimiert rechtliche Risiken.
Absicherung in der Vorbereitungsphase
Sollten Sie sich für einen unbestimmten Zeitraum bis zur Bau- oder Inbetriebnahme entscheiden, stellen Sie sicher, dass ein Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren im Vertrag verankert ist. Diese Regelung schützt Ihre Investitionen und Planungen in der kritischen Vorbereitungsphase und entspricht den rechtlichen Vorgaben des BGH.
Interessen des Grundstückseigentümers berücksichtigen
Auch wenn der Fokus auf der Sicherung Ihrer Projekte liegt, ist es wichtig, dass der Ausschluss des Kündigungsrechts die Rechte der Grundstückseigentümer nicht unangemessen beschränkt. Indem Sie dem Eigentümer bis zum Baubeginn wirtschaftlich sinnvolle Nutzungsmöglichkeiten belassen, sorgen Sie für die ausreichende Angemessenheit der AGB-Klausel.
Präzise Formulierung der Rücktritts- und Kündigungsrechte
Achten Sie auf eine sorgfältige Ausformulierung dieser Rechte, um Missverständnisse auszuschließen. Die Abgrenzung zwischen Rücktritt und Kündigung ist entscheidend, um Ihre vertraglichen Ziele zu schützen.
Wenn Sie Fragen zu den oben genannten Themen haben, dann kontaktieren Sie uns gerne – wir freuen uns auf Ihre Nachricht.