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Verbraucherrechte gegenüber Energieversorgern werden gestärkt – Überblick über die aktuellen Gesetzesnovellen

Mit einer Novellierung des EnWG sowie dem Gesetz für faire Verbraucherverträge werden insbesondere die Verbraucherrechte gestärkt und entsprechende EU-Richtlinien umgesetzt. Für die Energieversorger bedeutet dies weitreichende Änderungen der Strom- und Gaslieferverträge sowie der damit verbundenen Abrechnungen und Kündigungen. Interessant ist hierbei, dass durch die Gesetzesänderungen nicht nur Verbraucher, sondern auch Gewerbekunden Vorteile erhalten sollen.

 

Die Regelungen des EnWG betreffen nur Sonderkunden, da für die Kunden in der Grundversorgung die StromGVV und GasGVV gelten. Angekündigt ist deswegen, die für die Kunden vorteilhaften Bedingungen auch für die Grundversorgung entsprechend anzupassen.

 

 

Abschluss von Verträgen über Gas- und Stromlieferung

 

Die neuen Regelungen haben nicht nur Auswirkung auf den Vertragsinhalt, sondern auch auf Vertragsanpassungen, die Verlängerung des Vertrags sowie seine Kündigung.

 

Vertragsschlusses nur noch in Textform

 

Das EnWG-Neu sieht vor, dass Verträge mit Haushaltskunden nur noch in Textform abgeschlossen werden dürfen.

 

Erweiterter Vertragsinhalt

 

Neu ist, dass die Verträge Informationen beinhalten müssen über:

  • den Namen und die Anschrift des Energieversorgers
  •  die Marktlokations-Identifikationsnummer (MaLo-ID)
  •  den Vertragsbeginn
  •  Information darüber, ob der Messstellenbetrieb Teil der Leistung ist
  •  den Zeitpunkt der Abrechnungen

Neue Pflicht zur Vertragszusammenfassung

 

Auch ist dem Kunden innerhalb 1 Woche nach Vertragsschluss eine knappe, leicht verständliche und klar gekennzeichnete Zusammenfassung der wichtigsten Vertragsbedingungen zur Verfügung zu stellen.

 

Kürze Fristen für Vertragsänderungen

 

Bisher wurden Preisanpassungen mit einer Frist von 6 Wochen angekündigt. Nun ist vorgesehen, diese Frist auf einen Monat bei Haushaltskunden und im Übrigen auf 2 Wochen zu verkürzen. Der Bundesrat hat hier jedoch weiterhin eine 6-Wochen-Frist gefordert. Hier ist also der Gesetzgebungsprozess abzuwarten.

 

Neue Regelungen zur stillschweigenden Vertragsverlängerungen

 

Gemäß dem am 24.06. beschlossenen Gesetz über faire Verbraucherverträge soll eine automatische Vertragsverlängerung nur noch wirksam sein, wenn das Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit verlängert und dem Kunden ein Kündigungsrecht von 1 Monat eingeräumt wird. Dies bedeutet für die Unternehmen, dass sie mit einer langfristigen Kundenbeziehung nur dann rechnen können, wenn der Kunde aktiv in eine Vertragsverlängerung einwilligt.

 

Darüber hinaus wurde die in AGB maximal zulässige Kündigungsfrist auf 1 Monat verkürzt.

 

Erleichterungen für den Kunden bei der Kündigung

 

Der Kunde darf seine Kündigung mündlich, elektronisch oder schriftlich erklären. Wenn ein Haushaltskunde kündigt, dann muss der Energieversorger seine Kündigung innerhalb 1 Woche nach Zugang in Textform zu bestätigen und dabei auch das Vertragsende angeben. Kündigungen des Energieversorgers gegenüber Haushaltskunden dürfen dagegen nur noch in Textform erklärt werden.

 

Bei einem Wohnsitzwechsel gilt nicht mehr die Regelung, dass der Vertrag automatisch fortgesetzt wird und der Kunde nur eingeschränkte Kündigungsmöglichkeiten hat. Der Kunde erhält nun den Vorteil, dass er den Vertrag bei jedem Wohnsitzwechsel kündigen kann (sogar nach dem Umzug) und der Energieversorger aktiv gegen die Kündigung vorgehen muss, wenn er das Lieferverhältnis fortsetzen will.

 

 

Rechnungen über Gas- und Stromlieferung

 

Auch Abläufe für die Abrechnung und Rechnungsvorlagen müssen mit dem neuen EnWG angepasst werden.

 

Regelmäßige Übersendung von Abrechnungsinformationen

 

Das EnWG-Neu unterscheidet zwischen der Abrechnung und den Abrechnungsinformationen. Dabei sind Abrechnungsinformationen alle Informationen zur Abrechnung, mit Ausnahme der Zahlungsaufforderung selbst. Das sind z.B. Informationen über den Anfangs- und Endzählerstand, den ermittelten Verbrauch, den Messstellenbetreiber, die Vertragsdauer, den nächstmöglichen Kündigungstermin und die Kündigungsfrist. Neu ist hier unter anderem, dass die Abrechnungsmitteilung den gewählten Tarif sowie die Information, ob die Belieferung im Rahmen der Grundversorgung oder außerhalb der Grundversorgung erfolgt, beinhalten muss. Bei der Angabe der Preis- und Kalkulationsbestandteile ist außerdem darauf zu achten, dass die verwendeten Begriffe allgemein verständlich definiert werden.

 

Der Kunde ist nach dem EnWG-Neu zudem darüber zu informieren, wie der Zählerstand ermittelt wurde (z.B. über den Netzbetreiber, durch Ablesung oder Schätzung des Verbrauchs). Wurde der Verbrauch geschätzt, dann muss der Energieversorger auch mitteilen, warum und auf welche Weise er die Schätzung vorgenommen hat.

 

Hat sich der Kunden für die elektronische Übermittlung der Rechnung entschieden und ist bei ihm keine Fernablesung der Verbrauchsdaten möglich, dann hat er Anspruch auf halbjährliche Aktualisierung seiner Abrechnungsinformationen. Kunden mit Fernablesung erhalten ihre Abrechnungsinformationen sogar monatlich.

 

Auch können Kunden den Energieversorger auffordern, ihnen Informationen über die Verbrauchshistorie der letzten 3 Jahre zu liefern.

 

Rechnung in Papier oder elektronisch

 

Die Kunden haben nun die Möglichkeit, sowohl ihre Rechnung in Papierform (1 x jährlich) als auch elektronisch zu erhalten, unabhängig davon, ob sie Online-Kunde sind.

 

Keine Vertragsinformationen mehr in der Rechnung

 

Gestrichen wurde dagegen die Pflicht des Energieversorgers, zusätzlich die Vertragsinformationen in jeder Rechnung anzugeben.

 

Fälligkeit für Guthabenauszahlung präzisiert

 

Neu in das EnWG eingebracht wurde auch die Pflicht, dass in der Rechnung der Rechnungsbetrag und das Datum der Fälligkeit deutlich erkennbar und hervorgehoben sein müssen. Zahlungsforderungen sind darüber hinaus frühestens 2 Wochen nach Zugang der Rechnung fällig. Sind Haushaltskunden im Zahlungsverzug, dann muss der Energieversorger den Kunden vor einer Sperrung über Möglichkeiten informieren, wie dieser die Sperrung noch verhindern kann (z.B. mittels Ratenzahlung, Energieberatung oder Schuldnerberatung).

 

Energieversorger sind nun auch verpflichtet, ein eventuelles Guthaben innerhalb von 2 Wochen (für Abschlagszahlungen) bzw. innerhalb von 4 Wochen (für Abschlussrechnungen) an den Kunden auszuzahlen.

 

 

Ab wann gelten das neue EnWG und das Gesetz für faire Verbraucherverträge?

 

Die neuen Regelungen zum EnWG wurden am 26.07.2021 im Bundesgesetzblatt verkündet. Sie gelten ab dem 27.07.2021. Es ist somit keine Übergangsregelung vorgesehen.

 

Das Gesetz für faire Verbraucherverträge wurde am 24.06.2021 vom Bundestag beschlossen. Die Regelung zur Vertragsverlängerung gilt für Neuverträge ab 01.03.2022.

 

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