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Aktuelle Rechtsprechung zum Schriftformerfordernis in Mietverträgen – Anforderungen an die Unterzeichnung durch einen Gesellschaftsvertreter

Gerade beim Abschluss von Nutzungsverträgen mit Grundstückseigentümern für die Flächensicherung von Windparks und Solarparks kommt es darauf an, dass die Schriftform gewahrt wird. Denn ein Verstoß gegen das Schriftformgebot führt dazu, dass Verträge, die für eine lange Zeit von 20 bis 25 Jahren unkündbar sein sollen, jederzeit vom Grundstückseigentümer gekündigt werden können. Damit ist die Beachtung des Schriftformgebots einer der wesentlichen Grundlagen für eine erfolgreiche Projektentwicklung im Bereich der Erneuerbaren Energien.

 

Warum gibt es das Schriftformgebot überhaupt?

 

Das von der Rechtsprechung sehr strikt gehandhabte Schriftformgebot soll weder den Mieter bzw. Pächter noch den Vermieter bzw. Verpächter schützen. Zweck des Schriftformgebots ist es, einen zukünftigen Erwerber des Grundstücks zu schützen. Denn der Grundstückskäufer soll sich darauf verlassen können, dass ihm alle Pflichten und Lasten aus dem langfristigen Mietvertrag vollständig schriftlich vorgelegt werden, so dass er auf dieser Basis eine Entscheidung treffen kann, ob er diese Investition tätigen will.

 

Der Erwerber der Mietsache erhält in der Konsequenz das Recht, sich vom Mietvertrag zu lösen, wenn die Schriftform aus § 550 BGB nicht gewahrt wurde.

 

Auswirkungen auf die Unterzeichnung des Mietvertrags durch einen Vertreter der Gesellschaft

 

Gerade bei der Unterzeichnung der Gestattungsverträge durch Vertreter einer Gesellschaft ist darauf zu achten, dass die Vertretung ordnungsgemäß angezeigt wird. Der BGH hat in diesem Zusammenhang im Jahr 2020 zwei interessante Fällen entschieden.

 

Unterzeichnung im eigenen Namen für eine GbR

 

Im ersten Fall hatte für eine GbR ein alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter den Pachtvertrag unterzeichnet. Im Feld der Unterzeichnung stand nur der Namen des Gesellschafters, jedoch nicht der Name der Gesellschaft oder ein sonstiger Zusatz. Im Vertragsrubrum wurde dagegen nur die Gesellschaft mit Firmenbezeichnung und Anschrift als Pächterin genannt, es fehlte hier die Benennung der Gesellschafter und der Vertretungsverhältnisse.

 

Der BGH entschied in diesem Fall, dass die erforderliche Schriftform nicht eingehalten und der Vertrag damit jederzeit kündbar war, mit folgender Begründung:

 

Der gesetzliche Regelfall bei einer GbR ist, dass alle Gesellschafter der GbR den Vertrag unterschreiben müssen (Grundsatz der Gesamtvertretung). Unterschreibt also nur ein Gesellschafter den Vertrag, dann entsteht der Anschein, dass die Unterschriften der weiteren Gesellschafter noch fehlen und bis zur Unterzeichnung durch alle Gesellschafter der Vertrag noch gar nicht wirksam für die GbR unterschrieben werden soll.

 

Dieser Anschein kann nur dadurch entkräftet werden, dass der Gesellschafter, der allein den Vertrag unterzeichnet, in einem Zusatz kennzeichnet, dass er alleinvertretungsberechtigt für die Gesellschaft ist. Der BGH lässt als Alternative auch die Verwendung von Firmenstempeln neben der Unterschrift zu.

Praxistipp für die GbR bei Einzelvertretungsberechtigung:

  • Auflistung Im Rubrum oder in der Unterschriftenzeile die Alleinvertretungsberechtigung des Gesellschafters aufführen, oder
  • Auflistung den Firmenstempel bei der Unterzeichnung verwenden.
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Unterzeichnung im eigenen Namen für eine GmbH

 

Bei der GmbH wird anders als bei der GbR auch ohne einen Zusatz angenommen wird, dass der Unterzeichner die GmbH vertreten will. Denn hier sieht § 35 GmbHG ausdrücklich vor, dass die GmbH durch einen einzelnen Geschäftsführer vertreten werden kann.

 

Unterschriftenfelder leer gelassen

 

Vorsicht aber ist geboten, wenn der Vertrag mehrere Unterschriftenzeilen enthält und dann Unterschriftenfelder leer bleiben. So war es im zweiten Fall vor dem BGH:

 

Eine GmbH wurde laut dem Rubrum durch zwei gesamtvertretungsberechtigte Geschäftsführer vertreten. Den Vertrag unterzeichnete dann nur einer der Geschäftsführer auf dem für ihn vorgesehenen Unterschriftsfeld, das er mit dem Firmenstempel ergänzte. Ein zweites Feld, das für die Unterschrift des zweiten Geschäftsführers vorgesehen war, blieb leer.

 

Auch in diesem Fall entschied der BGH, dass aufgrund des leer gebliebenen Unterschriftenfelds der Anschein entstand, dass noch weitere Unterschriften für die GmbH fehlen, so dass der Vertragsabschluss damit unvollständig war. Dadurch war die Schriftform nicht gewahrt.

 

Und auch wenn der Unterzeichner hier einen Firmenstempel in seinem Unterschriftenfeld verwendet hatte, konnte dieser Stempel diesen Anschein der fehlenden Unterschriften nicht entkräften. Denn laut dem BGH kann der Stempel im eigenen Unterschriftenfeld nur belegen, dass der Unterzeichner die im Rubrum genannte Gesellschaft vertreten möchte. Er kann jedoch keine Aussage darüber treffen, inwieweit der Unterzeichner den anderen Geschäftsführer vertreten will oder dass er für die GmbH alleinvertretungsberechtigt ist.

 

Der BGH hätte die Schriftform dagegen als gewahrt angesehen, wenn der unterzeichnende Geschäftsführer mit einem Zusatz klargestellt hätte, dass er den zweiten Geschäftsführer vertritt, oder wenn er das überflüssige Unterschriftenfeld einfach durchgestrichen hätte.

Praxistipp für die GmbH, wenn nicht alle vorgesehenen Unterschriftenfelder ausgefüllt werden:

  • zusätzlich auf dem leeren Unterschriftenfeld mit dem Zusatz „i.V.“ unterschreiben,
  • zusätzlich auf dem leeren Unterschriftenfeld unterschreiben und dies mit dem Firmenstempel ergänzen, oder
  • einfach die leerbleibende Unterschriftenzeile streichen.
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Tatsächliche Vertretungsverhältnisse für Schriftform unerheblich

 

Der BGH hat außerdem betont, dass es für die Wahrung der Schriftform nicht darauf ankommt, ob der Unterzeichner tatsächlich die Vertretungsmacht hatte, für seine Mitgesellschafter bzw. Mitgeschäftsführer zu unterschreiben.

 

Wenn Sie Fragen zu den oben genannten Themen haben, dann kontaktieren Sie uns gerne – wir freuen uns auf Ihre Nachricht.