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Neuerungen im Transparenzregister seit August 2020

Das Bundesverwaltungsamt (BVA) hat im August 2020 die Meldepflichten für Gesellschaften nochmals verschärft, so dass in sehr viel mehr Fällen das Vorliegen eines wirtschaftlich Berechtigten angenommen werden muss als bisher.

 

Außerdem haben sich erste Gerichte mit dem erst in 2017 eingeführten Transparenzregister beschäftigt und sich u. a. zur Haftung von Geschäftsführern wegen Verletzung der Meldepflicht geäußert.

 

Durch Sonderrechte eines Gesellschafters zum wirtschaftlich Berechtigten, auch ohne Anteile oder Stimmrechte von mehr als 25 %

 

Bereits in früheren Fassungen der FAQ des BVA wurde klargestellt, dass es nicht nur auf die Höhe der Beteiligung ankommt, sondern sich auch aus Stimmrechts- oder Poolvereinbarungen ein Stimmrecht von über 25 % ergeben kann.

 

Die aktuellen FAQ verschärfen diese Regelung nun dahingehen, dass zusätzlich folgende Fälle zur wirtschaftlichen Berechtigung führen, und zwar unabhängig von einer Beteiligung bzw. von Stimmrechten über 25 %:

  • Ein Gesellschafter hat ein Veto- oder Widerspruchsrecht für Entscheidungen der Gesellschafterversammlung.
  • Die Mitwirkung eines Gesellschafters an der Beschlussfassung ist gesetzlich oder gesellschaftsvertraglich zwingend notwendig. Dies kann sich explizit aus der Satzung ergeben oder daraus, dass ohne den Gesellschafter die Beschlussfähigkeit oder ein bestimmtes Quorum (Sperrminorität) nicht erreicht wird.
  • Der Gesellschaftsvertrag beinhaltet Vorgaben zur einstimmigen Beschlussfassung, in diesem Fall ist jeder der Gesellschafter als wirtschaftlich Berechtigter dem Transparenzregister zu melden.

Ist es dagegen erforderlich, dass zwei oder mehr Gesellschafter zusammenwirken müssen, um eine Entscheidung der Gesellschaft zu verhindern, begründet dies keine wirtschaftliche Berechtigung eines Gesellschafters.

 

Bedeutung für Konzerne

 

Die vorgenannten Regeln sind für Konzerne außerdem auf der Ebene der Tochtergesellschaften zu berücksichtigen. Ist ein Gesellschafter der Muttergesellschaft als wirtschaftlich Berechtigter festgestellt worden, dann erweitert sich seine wirtschaftliche Berechtigung auf die Tochtergesellschaft, wenn die Muttervereinigung an der Tochtervereinigung mehr als 25 % der Stimmrechte/Kapitalanteile kontrolliert oder eine Kontrolle auf sonstige Weise ausübt. Der Gesellschafter ist in diesem Fall unmittelbar wirtschaftlich Berechtigter der Muttergesellschaft und mittelbar wirtschaftlich Berechtigter der Tochtergesellschaft und als solcher für beide Gesellschaften im Transparenzregister meldepflichtig.

 

Praxisempfehlung

 

Die neuen FAQ des BVA sind in ihren Erläuterungen so weitreichend, dass Gesellschaften aus Vorsichtsgründen ihre Satzungen auf die vorgenannten Fälle erneut prüfen sollten. Mangels weiterer Konkretisierung durch das BVA kommt es dabei nicht darauf an, in welchem Umfang die vorgenannten Sonderrechte gewährt werden. Die FAQ unterscheiden nicht zwischen für die Gesellschaft grundlegenden oder nebensächlichen Beschlüssen. Nur bei der Sperrminorität wurde eine Einschränkung auf grundlegende Beschlüsse vorgenommen. Die FAQ berücksichtigen auch nicht, dass z. B. beim eingetragenen Verein die Einstimmigkeit für Satzungsänderungen gesetzlich vorgeschrieben ist und konsequenterweise jeder deutsche Verein seine Mitglieder in das Transparenzregister eintragen müsste.

 

Verständlicherweise ist der Aufschrei in der Literatur groß, denn diese neue Auslegung des Geldwäschegesetzes sind nicht mehr mit dem Gesetzeszweck und dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar. Dennoch empfehlen wir Ihnen aus Vorsichtsgründen, die Statuten Ihrer Gesellschaft im Hinblick auf diese neuen Vorgaben zu prüfen, um sich vor den Folgen einer Verletzung der Meldepflicht zum Transparenzregister zu schützen.

 

Klarstellung zur Berechnung der Anteile

 

Auch zur Berechnung der Anteile bzw. Stimmrechten von Gesellschaftern hat das BVA weitere Klarstellungen geliefert.

 

Keine Berücksichtigung eigener Anteile

 

Nicht berücksichtigt bei der Prüfung des wirtschaftlich Berechtigten werden die Anteile, die die Gesellschaft selbst hält. Für die Berechnung gelten die übrigen Anteile als 100 % der Anteile.

 

Gesamtbetrachtung der direkten und indirekten Beteiligung einer Person

 

Hält eine Person sowohl direkt als auch indirekt Anteile an einer Gesellschaft, dann werden alle diese Anteile für die Berechnung zusammengefasst. Dies gilt auch für Treugeber, die ihre Anteile auf mehrere Treuhänder verteilt haben.

 

Erste Urteile zum Transparenzregister

 

Die Regelungen zum Transparenzregister sind erst in 2017 in Kraft getreten, so dass die ersten Urteile hierzu mit Spannung erwartet wurden. Wir haben die wichtigsten Entscheidungen für Sie angeschaut:

 

Haftung des Geschäftsführers für Verletzung der Meldepflicht

 

Eine Entscheidung des OLG Köln beschäftigte sich mit der Frage, wann eine unterbliebene Meldung von wirtschaftlich Berechtigten als leichtfertig anzusehen ist und damit eine bußgeldbelegte Ordnungswidrigkeit darstellt. Ein Geschäftsführer rechtfertigte seine verzögerte Meldung in diesem Fall damit, dass er von den Meldepflichten zum Transparenzregister erstmals durch einen Anhörungsbogen des BVA gehört hatte.

 

Das Gericht stellte fest, dass Leichtfertigkeit dann vorliegt, wenn der Täter grob achtlos handelt und dasjenige außer Acht lässt, was sich unter den Voraussetzungen seiner Erkenntnisse und Fähigkeiten geradezu aufdrängen musste. Für einen Geschäftsführer bedeutet dies, dass er seiner Erkundungspflicht hins. neuer Pflichten der Gesellschaft nachkommen muss bzw. zumindest nachweisen muss, dass er grundsätzliche Maßnahmen dafür unternommen hat, wie z. B. die Einrichtung und Unterhaltung eines Compliance-Systems.

 

Nachmeldungen zum Handelsregister zur Erfüllung der Meldefiktion zulässig

 

Das OLG Düsseldorf hat zudem klargestellt, dass inhaltlich unveränderte Gesellschafterlisten zum Handelsregister eingereicht werden dürfen, auch wenn die Einreichung einzig dem Zweck dient, der Meldepflicht zum Transparenzregister bzw. der Schaffung der Voraussetzungen der Meldefiktion nachzukommen. Auch auf diese freiwillige Meldung an das Handelsregister hat die GmbH einen Anspruch.

 

Im konkreten Fall hatte eine bisher nicht elektronisch gemeldete GmbH ihre inhaltlich unveränderte, jedoch um weitere Angaben (wie die prozentuale Beteiligung am Stammkapital) ergänzte Gesellschafterliste zum Handelsregister eingereicht, um die Voraussetzungen für die Meldefiktion zu erfüllen.

 

 

Wenn Sie Fragen zu den oben genannten Themen haben, dann kontaktieren Sie uns gerne – wir freuen uns auf Ihre Nachricht.